Die erste Frage, die zu klären wäre, ist worum es beim Sportwetten überhaupt geht. Die Beantwortung dieser Frage erscheint auf den ersten Blick trivial: Man muss wissen, wie ein künftiges Sportereignis endet und Geld auf diesen Ausgang setzen.
Klingt logisch oder? Leider ist das aber kompletter Unsinn. Um im Vorhinein zu wissen, wie eine Sportveranstaltung endet, müsste man in einer Glaskugel oder im Kaffeesud die Zukunft vorhersehen können. Niemand kann das. Daher weiß auch niemand, wie z. B. ein bestimmtes Fußballspiel enden wird. Auch an einen bestimmten Ausgang zu „glauben“ hilft beim Wetten überhaupt nicht weiter. Also was dann? Die Antwort dürfte die meisten Anfänger überraschen:
Sportwetten ist ein Spiel mit Wahrscheinlichkeiten.
Was Wahrscheinlichkeit ist, haben wir alle in der Schule gelernt. Wenn man eine Münze wirft, ist die Wahrscheinlichkeit, dass „Zahl“ oben liegen bleibt 1:1 oder 50 %. Ebenso hoch ist die Wahrscheinlichkeit, richtig zu liegen wenn man vorher erraten will, welche Seite wohl nach dem Wurf oben liegen bleiben wird.
Ein weiteres Beispiel für ein Spiel mit Wahrscheinlichkeiten ist Roulette: Die Chance, auf die richtige Zahl zu setzen ist 1:36 bzw. ein Siebenunddreißigstel (1/37). Es ist also durchaus möglich, die richtige Zahl zu erraten und zu gewinnen. Warum machen Casinos mit Roulette dann trotzdem Gewinne? Die Antwort liegt in der Auszahlung. Wäre das Casino fair zu seinen Kunden, würde es jedem, der eine Zahl richtig errät, den 37-fachen Einsatz auszahlen.
Wer 1 € auf eine Zahl setzt, wird im Schnitt jedes 37. Mal gewinnen. Er würde also 37 mal 1 € setzen und als Gewinn 37 € kassieren. Langfristig ein Nullsummenspiel für Spieler und Casino. Jetzt ist es aber so, dass das Casino Gewinnern nur den 36-fachen Einsatz auszahlt, wenn diese die Zahl genau erraten. Nun werden 37 € eingesetzt und nur 36 € ausgezahlt. Ein Euro bleibt dem Casino als Reingewinn. Würde das Casino den 38-fachen Einsatz auszahlen, würde es einen Euro Verlust machen und früher oder später bankrott gehen. So etwas würde ein Casino natürlich nie machen.
In die Sprache der Sportwetter übersetzt bietet das Casino als Buchmacher seinen Kunden eine Quote von 36 für eine Wette auf eine bestimmte Zahl. Da die Wahrscheinlichkeit 1/37 ist, ist die Quote zu gering und es ergibt sich eine Gewinnmarge für das Casino.
Ist dann also Sportwetten nur ein Glücksspiel? Nein. Was Roulette zu einem Glücksspiel macht, ist die Tatsache, dass sowohl Casino als auch Spieler genau wissen, wie wahrscheinlich jeder Ausgang ist. Der Spieler weiß, dass er mit jedem Setzen im Schnitt einen Verlust macht. Nur mit Glück kann er einen Gewinn machen und das auch nur kurzfristig. Spielt er sehr lange, wird er so gut wie sicher Verlust machen.
Sportwetten haben eine Parallele zum Roulette: Für jeden Ausgang gibt es eine bestimmte Wahrscheinlichkeit. Dass der Favorit sein Heimspiel geben den Außenseiter gewinnen wird, ist wahrscheinlicher, als dass er verlieren wird. Aber es ist natürlich nicht sicher. Es gibt aber einen ganz entscheidenden Unterschied zum Roulette: Die genaue Wahrscheinlichkeit für einen Ausgang weiß niemand! Kein Mensch kann die Wahrscheinlichkeit eines Favoritensieges im Fußball so genau ausrechnen, wie die Wahrscheinlichkeit, dass die „13“ im Roulette fällt.
Erinnern wir uns daran, dass ein Casino niemals den 38-fachen Einsatz für eine erratene Zahl auszahlen würde, weil die Quote dann höher wäre als die Wahrscheinlichkeit. Weil das Casino das genau ausrechnen kann, wird es das nie tun. Das Casino ist also ein unschlagbarer Gegner! Als Sportwetter sind wir aber in einer besseren Situation: Unser Gegner sind Buchmacher, die Wahrscheinlichkeiten für Ergebnisse nicht genau ausrechnen können, sondern schätzen müssen.
Und genau das ist der Grund, warum Buchmacher keine unschlagbaren Gegner sind! Sie können sich verschätzen und tun das auch immer wieder. Natürlich können auch wir Sportwetter diese Wahrscheinlichkeiten nicht genau ausrechnen. Aber das müssen wir auch nicht. Wir müssen sie nur besser einschätzen als die Buchmacher.
Jedesmal, wenn ein Buchmacher eine Wahrscheinlichkeit zu gering einschätzt, wird die Quote, die er für das entsprechende Ergebnis anbietet zu hoch sein. Nämlich höher als die Wahrscheinlichkeit eben. Diese Quoten bringen – ähnlich wie die 38 im Roulette – einen langfristigen Gewinn für den Spieler. Schätzt ein Wetter beispielsweise eine Wahrscheinlichkeit auf 50 %, wird er auf jede Quote setzen, die größer ist als 2. Das führt uns zu einer wichtigen Erkenntnis:
Wir setzen nicht auf Ergebnisse, sondern auf Quoten
Wenn wir eine Wette platzieren, dann nicht deswegen, weil wir glauben, dass die Mannschaft auf die wir setzen gewinnen wird, sondern weil wir glauben, dass die Quote für diesen Sieg zu hoch angesetzt ist. Das bedeutet konsequenterweise, dass wir auf einen Außenseitersieg wetten, wenn wir die Quote für zu hoch erachten, auch wenn wir glauben, dass wohl eher der Favorit gewinnen wird. Wer die Chance auf einen Außenseitersieg auf 10 % schätzt, wird eine Quote von 15 auf jeden Fall spielen. Hat er recht, wird er damit im Schnitt 9 Mal seinen Einsatz verlieren, aber einmal den 15-fachen zurückgewinnen. Ein schöner Profit!
Das Prinzip ist – wenn man es einmal verstanden hat – ziemlich einfach. Trotzdem ist profitabel Wetten schwierig. Denn der entscheidende Punkt ist die möglichst akkurate Einschätzung der Ergebnis-Wahrscheinlichkeiten. Das zu schaffen, ist die Schlüsselfähigkeit schechthin, die ein erfolgreicher Sportwetter aufweisen muss.